Betriebsgruppen: Zunächst einmal sollten wir zwischen den verschiedenen Betriebsgruppen unterscheiden: Eine Betriebsgruppe ist nicht gleich auch eine sinnvolle Betriebsgruppe. Auf der einen Seite gibt es die gewerkschaftlich orientierten Betriebsgruppen, diese werden ausschließlich von den Gewerkschaften gestellt und natürlich auch kontrolliert! Dies wiederum bedeutet für Beschäftigte in einem Betrieb soviel wie: „Du kannst es auch gleich sein lassen“! Gewerkschaften in Deutschland arbeiten seit Jahren in sozialpartnerschaftlichen Verhältnissen mit den Arbeitgebern zusammen, so kann sich also jeder mal überlegen was dann noch eine von der Gewerkschaft gestellte Betriebsgruppe bewegen kann bzw. darf?! Auf der anderen Seite wird es jedoch interessanter sobald Betriebsgruppen selbstorganisiert sind. Hierzu schließen sich Beschäftigte eines Betriebes zusammen, um gegen die Machenschaften von Arbeitgebern, den Gewerkschaften und notfalls gegen den eigenen Betriebsrat vorzugehen. Selbstorganisierten Betriebsgruppen sind immer von den Gewerkschaften oder sonstigen Parteien unabhängig und können daher viel schneller erheblichen Druck auf einen Betrieb ausüben.
Als Beispiel: Wenn von einer gewerkschaftsorientierten Betriebsgruppe etwas veröffentlicht werden soll muss das erst mal von mehreren Personen oder Gremien abgesegnet werden und außerdem juristisch überprüft werden, ob es nicht auf die Gewerkschaft zurückfallen könnte. Der Text muss außerdem professionell formuliert sein, damit die Gewerkschaft selbst auch weiterhin von den „Arbeitgebern“ ernst genommen wird. Selbstorganisierte Betriebsgruppen hingegen schreiben einfach einen anonymen Artikel auf ihren eigenen Blog oder verbreiten diesen durch Mund zu Mund Propaganda weiter. Die Betriebsgruppen können dabei offen schreiben und stellen den Artikel zur Diskussion, da sie keiner Zensur unterliegen. So können alle Beschäftigten eines Betriebs sich beteiligen und ihre eigenen Erfahrungen einbringen, entweder auf der Internetplattform der Betriebsgruppen, durch Zuschriften oder einfach in der Diskussion mit anderen Beschäftigten im Betrieb. Die selbstorganisierten Betriebsgruppen sind also die „Geheimpolizei“ in einem Betrieb. Sie ermitteln zunächst die Ereignisse, um dann dagegen vorzugehen. Den Arbeitgebern in Deutschland sind solch selbstorganisierte Betriebsgruppen natürlich ein Dorn im Auge. Während die Gewerkschaften bzw. die orientierten Betriebsgruppen der Gewerkschaften die Ereignisse in einem Betrieb oft verharmlosen oder einfach unter den Tisch kehren, gehen die selbstorganisierten Betriebsgruppen hingegen in die Offensive. Durch ihre öffentlichen Diskussionen bleiben diese Ereignisse also nicht mehr nur im Betrieb und können so auch nicht mehr von den Arbeitgebern bzw. den Gewerkschaften verschwiegen und geheim gehalten werden. Durch diese Art der Verbreitung der Ereignisse in einem Betrieb, durch die selbstorganisierten Betriebsgruppen, wächst der Druck auf die Arbeitgeber erheblich in der Öffentlichkeit. Während die Arbeitgeber lieber ihre alten Strukturen beibehalten, kämpfen selbstorganisierte Betriebsgruppen dafür diese Strukturen zu durchbrechen und neue sowie faire Prozesse in den Betrieben in Gang zu setzten. Selbstorganisation ist also das einzigste Mittel gegen neue und alte Kommandostrukturen.
Wenn du auch eine Betriebsgruppe gründen möchtest raten wir dir aus Erfahrung, sowenig Personen davon zu erzählen das du und deine gleichgesinnten Kollegeninnen und Kollegen dahinter stecken. Besser ist es, wenn ihr im Hintergrund agiert so wie wir! Sobald die Gegenparteien wissen wer hinter der Betriebsgruppe steckt fangen eure Probleme an. Dein Arbeitgeber und die übrigen Parteien sehen es überhaupt nicht gerne, wenn über sie im Internet negativ berichtet wird. Wenn ihr also selber eine Betriebsgruppe gründen möchtet solltet ihr immer mit bedacht und vorsichtig an die Sache herangehen. Wenn ihr eine eigene Betriebsgruppe gründen wollt, aber nicht wisst wie ihr anfangen sollt, könnt ihr Kontakt zu anderen Betriebsgruppen aufnehmen, diese Beraten und unterstützen euch gerne!
Moin,
ich habe euer Entstehen und eure Arbeit verfolgt und bin froh, daß ihr euch nicht ins Boxhorn habt jagen lassen mit Streit um Namen sondern weitermacht!
Es ist genauso, wie ihr beschreibt, die KollegInnen eines Betriebes, besonders wenn er größer ist, brauchen Orte, wo sie sich austauschen können, ohne kontrolliert zu werden. (Leider ist es so, daß viele Gewerkschaftssekretäre glauben, sie müßten die Mitglieder kontrollieren und anleiten – und bei Gewerkschaftsapparaten findet man erst recht diese Haltung. Die DGB-Gewerkschaften sind auf Sozialpartnerschaft eingeschworen, deshalb sind sie 1945 gegründet worden – das ist heute noch immer so! Sie sehen ihre Aufgabe darin, für sozialen Frieden im Betrieb zu sorgen. (Eine Schweizer Gewerkschaftsvorsitzende hat den schönen Begriff geprägt: Konfliktive Sozialpartnerschaft – aber auch das bleibt Sozialpartnerschaft). Eine Belegschaft kann ihren Kampf nur gewinnen, wenn die Gewerkschaft Vollzugsorgan der kämpferischen Belegschaft ist!
Mit einer Gewerkschaft, die auf sozialen Frieden und Standortpolitik eingeschworen ist, ist kein Kampf zu gewinnen, höchstens ein fauler Kompromiß erreichbar, der von der Gewerkschaft dann noch als Erfolg ausgegeben wird. Falls man allerdings auf Gewerkschaftsfunktionäre stößt, die hundertprozentig die Interessen der Mitglieder vertreten, muß man unbedingt mit ihnen zusammenarbeiten. Das Sagen haben immer die ArbeiterInnen, die Funktionäre werden bezahlt und haben zu helfen, aber nicht zu bestimmen. Wir haben das erlebt als Soli-Kreis beim Neupack-Streik (Fa. Neupack in Hamburg und Rotenburg/Wümme), als die IG BCE nach drei Monaten den Streik abbrach mittels Trick und Lüge, dem Versprechen eines Flexi-Streiks, der schnell von den KollegInnen als Flexi-Verarschung durchschaut und so auch benannt wurde. Der Kampf ging verloren, obwohl die Lager bei Neupack leer waren. Der Streik wurde beendet und die KollegInnen von der IG BCE-Streikleitung nach drei Monaten wieder in den Betrieb geschickt, um den Sozialpartner des IG BCE-Vorstandes zu retten.
Ihr seid eine gefestigte Gruppe und stellt eine Gegenmacht dar, mit eigenem blog! Diese Strukturen hatten sich die KollegInnen bei Neupack vor dem Streik leider nicht geschaffen. Ihr seid gut aufgestellt! In den meisten Betrieben gibt es leider keine Betriebsgruppen eurer Art! Ich drück euch den Daumen. Glückauf!
Dieter aus Hamburg