Tagelöhnerei

Im herkömmlichen Sinn ist ein Tagelöhner eine Person, die kein festes Arbeitsverhältnis hat, sondern seine Arbeitskraft immer wieder bei anderen Arbeitgebern kurzfristig anbietet. Der Name kommt daher, weil die Tagelöhner ausschließlich tageweise beschäftigt werden. Mit Tagelöhnerei verbindet sich allerdings auch über die Jahrhunderte hinweg ein Arbeitsverhältnis, das lediglich ein Leben „von der Hand in den Mund“ ermöglicht. Tagelöhner gehörten in der Regel zur landlosen Bevölkerung und kamen somit bereits aus ärmlichen Verhältnissen. Sie gingen außerdem in der Regel keinem bestimmten Beruf nach oder konnten keinen Beruf mehr ausüben. Deshalb waren sie gezwungen, alle möglichen körperlichen Hilfs-, Gelegenheits- und Saisonarbeiten anzunehmen. Insbesondere auch Arbeiten, die unter dem Niveau des zunftmäßigen Handwerks lagen, wurde von Tagelöhnern ausgeführt. Außerdem verdienten sich angelernte Arbeiter, die keine eigentliche fachliche Berufsausbildung besaßen als Tagelöhner ihr Geld. Unter den Tagelöhnern befanden sich auch gelernte Handwerker, die sich aus den verschiedensten Gründen nicht oder nicht mehr in ihrem Beruf behaupten konnten. Tagelöhner standen somit weit unten in der gesellschaftlichen Schichtung. / Wikipedia: Tagelöhner

Beginn der modernen Tagelöhnerei

Seit der Einführung der Agenda 2010 gilt Deutschland weltweit als das „Pilotland“, wenn es darum geht, prekärer Arbeitsverhältnisse zu entwickeln und zu schaffen.

Obwohl wir uns im 21. Jahrhundert befinden, die Digitalisierung extrem voranschreitet, kommt man sich vor als ob wir uns zurückentwickeln. Dies wird besonders in der Welt der Arbeit deutlich. War im 19. Jahrhundert die Tagelöhnerei weit verbreitet, scheint es so, als ob diese überlebt und sich in eine moderne noch aggressivere Form verwandelt hat. Wie auch schon bei der Dualen Ausbildung gilt Deutschland hierbei als Pionier. In einem beispiellosen Pilotprojekt wurde Anfang der 2000 Jahre eine radikale Umstrukturierung der deutschen Arbeitsmarktstrukturen vorangetrieben. Offiziell hatten damals SPD und Bündnis 90/Die Grünen angeblich die Reduzierung der hohen Arbeitslosigkeit im Fokus, was sie jedoch schufen war der Beginn der modernen Tagelöhnerei. Am 14. März 2003 verkündete der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Einführung der Agenda 2010. In Europa wurden ähnliche Konzepte umgesetzt, sodass es überall zu massiven Entlassungen und Standortschließungen kam. Mit der Neuorganisation der Arbeitsmarktstrukturierung in Deutschland wurde so eine extreme Form der prekären Arbeitsverhältnisse geschaffen, die immer mehr in die moderne Tagelöhnerei überging. Vor allem in Deutschland wandelten Arbeitgeber so ihre Stammbelegschaft in eine Kernbelegschaft um und füllten ihre Hallen stattdessen mit externen LeiharbeitnehmerInnen die flexibel und wesentlich billiger einsetzbar waren. Nachdem der Niedriglohnsektor brutal ausgeweitet wurde, ist die Zahl der unbefristeten Vollzeitstellen erheblich abgebaut worden. Durch diese radikale Umstrukturierung ging eine Arme von modernen Tagelöhnern daraus hervor. Im System gefangen, arbeitet der moderne Tagelöhner für den Reichtum der Elite und wird trotz Arbeit selbst zum Bettelmann. Die Arbeitgeber stören sich kaum daran. Sie nutzen dieses ausbeuterische System, um es immer noch perfekter für sich zumachen. Ihr Tenor liegt nur darin ihre Gewinne in astronomische Höhen zu katapultieren, egal wie brutal sie dafür vorgehen müssen. Unter der Prämisse der rasant anwachsenden Digitalisierung haben Arbeitgeber den perfekten Deckmantel gefunden, um ihre maßlose Gier zu verschleiern und ihre abartige Vorgehensweise gegenüber der arbeitenden Bevölkerung zu rechtfertigen.

Sollte das Pilotprojekt Agenda 2010 eigentlich neue Arbeitsplätze schaffen, ist daraus ein System entstanden, indem die Arbeit lediglich umverteilt wurde. Der Abbau von teuren Vollzeitstellen in prekäre Arbeitsverhältnisse hat lediglich dazugeführt das sich nun eine Vollzeitstelle mehrere ArbeitnehmerInnen im Niedriglohnsektor teilen konnten, wirklich neue Arbeitsplätze wurden dadurch aber nicht geschaffen. So verwundert es auch kaum jemand, dass das vorherrschende Jobwunder nur eine Seifenblase ist, die bei der ersten Berührung platzt!…

Agenda 2010

Die Agenda 2010 (sprich „Agenda zwanzig-zehn“) ist ein Konzept zur Reform des deutschen Sozialsystems und Arbeitsmarktes, das von 2003 bis 2005 von der aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen gebildeten Bundesregierung (Kabinett Schröder II) weitgehend umgesetzt wurde. Die Bezeichnung „Agenda 2010“ verweist auf Europa. So hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs im Jahr 2000 auf einem Sondergipfel in Portugal beschlossen, die EU bis zum Jahr 2010 nach der sogenannten „Lissabon-Strategie“ zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ zu machen. Die Inhalte der Agenda 2010 decken sich jedoch nur begrenzt mit denen der Lissabon-Agenda, die auf die Förderung von Innovation, der Wissensgesellschaft und der sozialen Kohäsion abzielte. Die Agenda 2010 sollte vor allem einen Schritt zur Bewältigung der Arbeitsmarktprobleme und des sich abzeichnenden demografischen Wandels in Deutschland darstellen. Die Agenda 2010 wurde in der Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder am 14. März 2003 verkündet. Vorarbeiten waren bereits im Schröder-Blair-Papier von 1999 geleistet worden. Als Ziele nannte Schröder unter anderem die Verbesserung der „Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung“ sowie den „Umbau des Sozialstaates und seine Erneuerung“. Die mit den Worten „Wir werden Leistungen des Staates kürzen“ angekündigten Maßnahmen führten zu heftigen Kontroversen, insbesondere auch in der SPD selbst. Nachdem die SPD auf ihrem Sonderparteitag am 1. Juni 2003 mit deutlich über 80 Prozent für den Leitantrag des SPD-Bundesvorstandes gestimmt hatte, wurde ein Leitantrag zur Agenda 2010 auf dem Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen am 14./15. Juni 2003 mit etwa 90-prozentiger Mehrheit angenommen. Ein innerparteiliches Mitgliederbegehren, das von mehreren linken SPD-Mitgliedern gestartet worden war, scheiterte. Große Teile des Konzeptes wurden von den Oppositionsparteien unterstützt und von CDU/CSU aktiv mitgestaltet. In ihrer Regierungserklärung vom 30. November 2005 äußerte Schröders Amtsnachfolgerin Angela Merkel: „Ich möchte Bundeskanzler Schröder ganz persönlich dafür danken, dass er mit seiner Agenda 2010 mutig und entschlossen eine Tür aufgestoßen hat, eine Tür zu Reformen, und dass er die Agenda gegen Widerstände durchgesetzt hat.“

Wirtschaft

Die Agenda 2010 setzt insbesondere arbeitgeberfreundliche angebotspolitische Ideen um: Da der Staat in einer Marktwirtschaft gewerbliche Arbeitsplätze nicht per Anweisung schaffen könne und auch nicht durch öffentliche Investitionen bestehende Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen solle, werden indirekte angebotsökonomische Einzelmaßnahmen in der Erwartung ergriffen, dass damit Anreize zu verstärkten privaten Investitionen geschaffen werden, woraus neue Arbeitsplätze entstünden. / Wikipedia – Agenda 2010